Softwareverzögerungen

Notwendiges Wissen: [HW] Controller module, [AVR] Architecture, [LIB] Pins, [LIB] Delay

Theorie

Oft ist es wichtig in einem Programm eines Mikrocontrollers Verzögerungen einzubauen, einige Aktionen zu terminieren, oder zu warten bis sie abgeschlossen sind. Die einfachste Methode die Arbeit eines Mikrocontrollers zu pausieren ist, ihn mit einer alternativen Operation zu überladen - z.B. durch einen Befehl, große Nummern zu zählen. Aus der Taktfrequenz des Prozessors kann man errechnen, wie weit das Programm zählen sollte um eine Verzögerung hervorzurufen. Eine Zahl von Null bis zum Wert der Taktfrequenz des Prozessors in Hz, sollte theoretisch eine Verzögerung von einer Sekunde erzeugen. Aus verschiedenen Gründen ist dieses jedoch praktisch nicht ganz so einfach.

Wenn der Prozessor des Microcontrollers mit Nummern rechnet, deren Binärform so groß ist wie der innere Bus (AVR hat 8 Bits), dann braucht es einen Taktzyklus des Prozessors um eine arithmetische Operation, wie z.B. 1 zu einem Wert zu addieren, durchzuführen. Soll mit tausenden oder millionen gerechnet werden, muss die Nummer 16 oder 32 Bit groß sein und ein 8-Bit Prozessor benötigt zur Berechnung mehr als eine Taktfrequenz. Daher sollte man sich mit der Arbeitsweise und insbesondere den Befehlen des Prozessors auskennen, wenn man mit großen Werten arbeitet.

Wenn man in fortgeschrittenen Sprachen programmiert (z.B. C), werden die Programme nicht auf Basis des Befehls geschrieben, um eine Softwareverzögerung zu erzeugen. Vielmehr muss man auch den Compiler kennen, welcher das Programm zu Maschinencode konvertiert. Davon hängt ab, wie viele Befehle (und Phasen) es braucht um eine arithmetische Operation durchzuführen. Das wird durch mehrere Gründe komplexer, durch die Fähigkeit des Compilers das Programm in Maschinencode umzuwandeln - z.B. dadurch, dass der Maschinencode für Speicherverbrauch optimiert, oder einfacher auszuführen wird. Diesen Compilervorgang nennt man Optimierung. Durch verschiedene Optimierungsmodi verändern sich die Maschinencodes für die Softwareverzögerung sowie die Dauer der Verzögerung.

Beispiel

Das folgende Beispiel generiert eine Softwareverzögerung im AVR Mikrocontroller. Ein Teil des in C geschriebenen Programms zählt eine Variable x in vier Zyklen von 0 bis 100. In jedem Zyklus wird ein leerer “no-action empty” Befehl ausgeführt. Dieser wird benötigt, der Compiler einen Zyklus ohne Inhalt als nutzlos betrachtet und ihn daher aus dem Programm werfen würde.

unsigned char x;
 
// Zyklus bis x ist 100
for (x = 0; x < 100; x++)
{
	// Mit "empty"-Befehl nop
	asm volatile ("nop");
}

Dies ist der gleiche Teil des Programms nach dem Kompilieren. Die beiden Hexadezimalzahlen links geben den Maschinencode an, und rechts befindet sich der Befehl mit den Operanden in Assembler. Der Maschinencode und die Assemblersprache sind konform; Assembler dient nur dazu, den Maschinencode für Menschen lesbar zu machen. Kompiliert wurde mit der Optimierungsmethode für die Länge des Programms (Parameter -Os).

80 e0     ldi  r24, 0x00   ; r24 lädt Zahl 0 in den index
00 00     nop              ; "Empty" Operation
8f 5f     subi r24, 0xFF   ; subtrahieren von 255 aus dem r24 Index, was bedeutet +1 addieren
84 36     cpi  r24, 0x64   ; r24 Index mit der Zahl 100 vergleichen
e1 f7     brne .-8         ; Falls der Vergleich nicht übereinstimmt, 8-Bits zurücktransferieren

In der kompilierten Form erkennt man, was mit dem Zyklus der C-Sprache passiert und man kann berechnen wie viele Taktfrequenzen benötigt werden, um den Zyklus einer Periode zu beenden. Die Information über die Wirkung der Befehle und ihre Laufzeit findet man im AVR Datenblatt. Im vorliegenden Beispiel, braucht es 4 Taktzyklen um 4 Befehle in einer Periode auszuführen, da jeder Befehl einen Takt benötigt. Zusätzlich wird ein Takt vor dem Zyklus benötigt, um die Befehle zu laden und ein Takt, um den Zyklus zu beenden. Wenn man nun den Arbeitstakt von 14,7456 MHz annimmt, kann man die vom Programm verursachte Verzögerung berechnen.

(1 + 100 ⋅ 4 + 1) / 14745600 = 27,26 μs

Die Verzögerung in diesem Beispiel ist in Mikrosekunden angegeben und die Variable nutzt 8-Bit, daher ist der Maschinencode recht einfach. Um eine Pause in Millisekunden zu verursachen, müssen weitaus größere Nummern gezählt werden, wodurch dann der Maschinencode auch länger wird. Es können ebenfalls Zyklen verwendet werden, die ineinander greifen, jedoch steht dann die Verzögerung nicht in linearer Relation mit der Nummer des Zyklus, da mit jedem Level des Zyklus eine kleine zusätzliche Verzögerung verursacht wird.

Das Ziel dieser Übung ist es nicht präzise Softwareverzögerungen in Maschinencode zu erstellen, da diese eine sehr präzise Arbeit ist und die Funktionen zur Erzeugung von Verzögerungen bereits in der avr-libc und der Bibliothek von HomeLab hinterlegt sind. Diese werden auch in den folgenden Beispielen genutzt.

Bei der Arbeit mit Softwareverzögerungen arbeitet, ist es wichtig zu wissen, dass diese trotz ihrer Einfachheit, eine sehr ineffiziente Methode sind was den den Stromverbrauch betrifft. Während jedes Taktes in dem der Mikrocontroller unnötig Zahlen zählt, wird Energie verbraucht. Wenn also batteriebetriebene Anwendungen genutzt werden, ist es nicht sinnvoll lange Softwareverzögerungen zu schreiben. Für diesen Fall sollte man lieber Hardwaretimer nutzen, welche unabhängig arbeiten und den Prozessor aus dem Ruhezustand holen wenn es an der Zeit ist die Arbeit fortzuführen.

Übung

Der folgende Programmcode beinhaltet die Softwareverzögerunsfunktion sw_delay_ms, welche einen gegebene Verzögerung in ms mit dem Parameter count verursacht. Die Funktionen nutzt die Funktion der Bibliothek avr-libc _delay_ms welche zum Teil in Assembler geschrieben ist. _delay_ms wird in dieser Übung nicht genutzt, da hiermit bei langen Verzögerungen Probleme auftreten können. sw_delay_ms erlaubt es aber bis zu 65535ms lange Verzögerungen ohne Komplikationen zu nutzen.

//
// Softwareverzögerung in Millisekunden.
//
void sw_delay_ms(unsigned short count)
{
	// Zählen der Variable der Verzögerung auf 0
	while (count-- > 0)
	{
		// 1ms Verzögerung mit spezieller Funktion.
		_delay_ms(1);
	}
}

Das folgende Programm dient dazu, die gegebene Funktion zu nutzen, es erzeugt zwei Verzögerungen in der Endlosschleife: 100 ms und 900 ms. Während der kürzeren Verzögerung wird eine LED eingeschaltet und während der längern ausgeschaltet. Das Resultat: die LED blinkt periodisch.

//
// Das Vorführprogramm des HomeLab für Softwareverzögerungen.
// Es lässt eine LED für ~1 Sekunde aufleuchten.
//
#include <homelab/pin.h>
#include <homelab/delay.h>
 
//
// Festlegung des Pins zum Testen der LED
//
pin debug_led = PIN(B, 7);
 
//
// Hauptprogramm
//
int main(void)
{
	// Setzt LED Pin als Output. 
	pin_setup_output(debug_led);
 
	// Endlosschleife	
	while (true)
	{
		// Aufleuchten der LED
		pin_clear(debug_led);
 
		// Softwareverzögerung für 100 ms
		sw_delay_ms(100);
 
		// Ausschalten der LED
		pin_set(debug_led);
 
		// Softwareverzögerung für 900 ms.
		sw_delay_ms(900);
	}
}

Auch wenn es so aussieht, als blinke die LED jede Sekunde, dauert es tatsächlich etwas länger, da das ansprechen der LED und die Verzögerungsfunktionen ein paar Taktfrequenzen des Mikrocontrollers benötigen.

de/examples/timer/software_delay.txt · Last modified: 2020/07/20 09:00 by 127.0.0.1
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